19. Februar, 2006
ATTAC Report Diese Woche
Auf den Grippenknopf Drücken
(Abschrift)
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Naturwissenschaftler haben den Virus von der tödlichsten Epidemie, die dokumentiert wurde, wieder aufleben lassen, und sie sagen, es könnte sich wieder ereignen. Ist dies eine frühe Warnung oder ein falscher Alarm?
Hallo, ich bin Ihr Gastgeber, Boruch Ellison, und dies ist ATTAC Report Dieser Woche, der 19. Februar, 2006.
Für viele bedeutet Grippe eine laufende Nase, Fieber, Schmerzen, und vielleicht ein paar Tage fehlend von der Arbeit. In ein paar Fällen kann es Einweisung ins Krankenhaus bedeuten, Lungenentzündung, oder sogar den Tod. Trotzdem ist die typische Wintergrippesaison kaum mehr als eine vorübergehende Unannehmlichkeit.
Gelegentlich stellt sich eine Grippesaison ein bißchen schlimmer ein. Symptome können ernsthafter sein, und die Zahl der befallenen Menschen geht in die Höhe.
Bei weitem stellte sich die ernsthafteste Epidemie, de je dokumentiert wurde, vor 88 Jahren ein. Bevor sie verschwand, die 1918 spanische Grippe, wie sie genannt wurde, griff in Europa und Nordamerika um sich und versetzte Millionen in die Krankheit hinein. In ein paar Monaten starben 500.000 Amerikaner, und während viele Debatten hinsichtlich der weltweiten Gesamtsumme existieren, jeder stimmt überein, daß Millionen starben.
Nur vor ein paar Monaten vollendeten die Armed Forces Institute of Pathology (Wissenschaftler des Wehrmachtsinstituts der Pathologie) und des Centers for Disease Control (Zentrum für Krankheitskontrolle) ein zehnjähriges Projekt, in dem sie genetisch den 1918 Grippevirus wiederherstellten. Die Absicht war, herauszufinden, warum die Epidemie so außergewöhnlich tödlich war. Aber die Wissenschaftler betonten ihre Entdeckung mit einer Warnung: Sie sagen, daß der 1918 Virus sehr ähnlich zu dem Geflügelpestvirus ist, der nun in den Schlagzeilen ist und daß die neuere Geflügelpest mutieren könnte, um eine andere Epidemie ganz genau wie die von 1918 hervorzubringen.
Solche Alarmglocken wurden gewaltig durch die Nachrichtenmedien hindurch bekannt gemacht und fächeln schon die Flammen der Angst. Viele Menschen, die normalerweise nicht einmal mit der Grippe krank werden, lassen sich impfen und oft kriegen kurz darauf grippeähnliche Symptome. Ärzte berichten über einen Anstieg auf das Anlegen von Vorräten an verschriebenen Drogen wie Tamiflu, die noch nicht einmal allzu gut wirken und könnten gefährliche Nebenwirkungen haben.
Den Angstknopf drücken produziert sofortige Resultate für die wissenschaftlichen Forscher selbst. Die extra Medienbeachtung kann Gesetzhersteller treiben, Fonds aufzubringen für Bundesforschungsagenturen wie die, die den 1918 Virus wieder herstellten. Neues Geld bedeutet Beförderungen, Auszeichnungen, noch größere Budgets für die Wissenschaftler. Solche politischen und finanziellen Vorteile können auch Forscher motivieren, ihre eigenen Entdeckungen zu verzerren. Wissenschaftler sind menschlich, geneigt zu Verführungen von Macht und Geld.
Das wirft eine wichtige Frage auf: Könnte die Grippe heute wirklich so universal verwüstend werden?
Man sehe sich die Statistiken sorgfältig an. In jedem typischen Jahr infiziert der Grippevirus fast jeden Amerikaner. Millionen empfinden Symptome manche milde, andere ernsthaft genug, um im Bett zu bleiben. Von solchen enden etwa 200.000 im Krankenhaus, und 36.000 Menschen sterben. So viel wie das scheint, es beläuft sich eigentlich nicht mehr als auf einen kleinen Bruchteil der gesamten Bevölkerung. Von 300 millionen Menschen stirbt nur einer von 8.000 an der Grippe.
Außerdem merken die Mehrheit der Amerikaner gar nicht, daß sie infiziert waren; sie leiden überhaupt nicht von einem Symptom. Also, obwohl ein paar Menschen ernsthaft erkranken könnten, braucht die Durchschnittsperson sich keine Sorgen zu machen.
Was ist der Unterschied zwischen einer Person, die Grippesymptome hat und seinem Nachbarn, der keine hat? Sie sind beide infiziert mit dem gleichen Virus, so, es kann nichts mit dem Virus selbst etwas zu tun haben.
Medizinische Wissenschaftler nennen dies Phänomen Gastgeberwiderstand. Ein gesunder individueller Körper wehrt leicht eine Entzündung von jeder Bazille ab, während eine Person, geschwächt von Überlastung, Drogenbenutzung, oder schlechter Ernährung sich dem Virus nicht so gut widersetzt.
Gastgeberwiderstand kann vollkommen die Epidemie von 1918 erklären. Die Grippe kam nahe dem Ende des Ersten Weltkrieges, als alle Seiten zu erschöpft wurden, das Kämpfen beizubehalten. Es war nur Monate vor dem Kapitulieren der Zentralen Mächte, und die Verluste des Krieges, was die Zerstörung und das menschliche Elend anbetrifft, wurde überwältigend in gleicher Weise, für Soldaten wie auch für Zivilisten. Ein besonderer Virus war nicht nötig, die schreckliche Grippeepidemie zu verursachen.
Das bedeutet, falls heute losgelassen, derselbe Grippevirus von 1918 würde überhaupt keine besondere Epidemie verursachen. Der Virus war nicht anders von jedem anderen Grippevirus; es war die Zeit, nicht der Virus, der die Epidemie produzierte. Einige Wissenschaftler bestätigen, daß der Virus vielleicht nicht besonders gefährlich ist und daß die Risiken übertrieben sind.
Aber werden kühlere Köpfe die Oberhand über Angst gewinnen?
Vielen Dank für das Zuhören. Von uns Allen von dem ATTAC Report, auf Wiederhören.
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